"Nils - Norwegisch lernen mit einer spannenden Geschichte", Werner Skalla, Skapago
Die „Nils“-Bücher sind so anders als alles, was man von Lehrbüchern gewohnt ist, und bilden daher ein ganz besonderes Lehrwerk. Für Grammatikmuffel - und davon kenne ich eine Menge - genau das Richtige! Für mich rangiert es auf dem deutschen Lehrbuchmarkt im Mittelfeld, da sich nicht jeder mit der Arbeitsweise anfreunden kann. Was das im Detail bedeutet, erzähle ich in diesem Beitrag.
Kurzfassung
Pluspunkte: Theorie - gutes und innovatives Grammatik-Vermittlungskonzept, Vokabeln direkt neben dem Text abgedruckt, ansprechend und farbenfroh gestaltet, „mal was Anderes“, flexible Progression.
Minuspunkte: Praxis - kein gedrucktes Übungsbuch erhältlich, nur online ein paar englischsprachige Übungen, keine guten Audiodateien, Schrift im Buch oft schwer zu lesen (zu viel „Design“).
Gut geeignet für
- Einzelunterricht, denn in Gruppen wird das gemeinsame Bearbeiten der nur online verfügbaren Zusatzübungen umständlich,
- äußerst internetaffine Menschen
- das Lernen mit einem Lehrer, damit dieser ausreichend Zusatzmaterial bereitstellt (besonders am Anfang),
- das Selbststudium nur bedingt; die Grammatik ist auf jeden Fall so dargestellt, dass alles im Alleingang gut verständlich ist, aber die Trainingsmöglichkeiten fehlen,
- eher für die Norwegenfans, die sich langfristig mit Sprache und Land beschäftigen möchten, als für Gelegenheits-Urlauber, weil die „typischen“ Urlaubssituationen nicht vorgestellt werden.
Inhalt/Themen
„Norwegisch lernen mit einer spannenden Geschichte“ – hier darf man keinen spektakulären Krimi erwarten, aber natürlich ist es interessant, wie es mit dem Nissen Nils (ein kleiner Kobold) und Erna auf ihrer Reise von Oslo nach Tromsø weitergeht.
Die kleinen Geschichten in jedem Kapitel sind inhaltlich etwas außergewöhnlich für ein Lehrbuch und bedienen daher auch nicht vordergründig das grundlegende Lernanfänger- oder Urlaubsvokabular. Dennoch ist der Wortschatz sinnvoll zusammengestellt und die Situationen (abgesehen von sprechenden Puppen) relativ alltagstypisch und gut ausbalanciert zwischen Erzähltext und wörtlicher Rede.
Landeskundlich ist das Buch dagegen noch sehr zurückhaltend, aber der zweite Teil bietet auf dem Gebiet etwas mehr.
Aufbau und Konzept
Was mich am meisten freut, ist, dass wir neue Vokabeln immer direkt neben dem Text finden, in dem sie zum ersten Mal auftauchen. Das erleichtert das Lesen und motiviert zum Lernen.
Die Kapitel haben keine durchgehend feste Struktur; sie beginnen mit einem Text und enden mit Grammatikübungen. Dazwischen verteilen sich Erklärungen, Bilder, Themenseiten mit speziellem Vokabular, kleine Zwischenübungen, Lerntipps und weitere Texte.
Die Besonderheit liegt in den unorthodoxen Erklärungen. Der Lerner wird direkt und sehr persönlich angesprochen, die Grammatikregeln werden ausschweifend dargelegt und mit zahlreichen Zeichnungen verdeutlicht. Es braucht keinerlei Grammatik-Vorkenntnisse, denn komplizierte Ausdrücke werden hier bewusst vermieden. Der sonst oft langweilige und abstrakte Stoff (viele Bücher arbeiten mit Tabellen) wird hier sehr interessant und farbenfroh vermittelt.
Was andere besser können: Das Lehrbuch ist nicht speziell für deutsche Lerner konzipiert. Dadurch, dass in diversen übersetzten Ausgaben eine sprachlich heterogene Gesamtheit bedient wird, wird nicht auf deutsche Sprachbesonderheiten oder die zahlreichen Parallelen zum Norwegischen eingegangen. Ein lernerfreundliches „Dies funktioniert genau wie im Deutschen“ taucht also nirgends auf.
Großes Manko: Die Hörtexte liegen nicht auf einer CD bei, sondern müssen entweder separat aus den USA (!) bestellt werden oder können im Netz via Soundcloud angehört werden. Zwar ist das kostenlos, aber nicht für alle Lerner eine angenehme Lösung. Außerdem klingen die Aufnahmen, mit Verlaub, nicht sonderlich professionell, und es wird undeutlich gesprochen.
(klicken zum Vergrößern)
Übungen
Die Übungen sind abwechslungsreich, aber nicht sehr üppig. Leider gibt es kein zusätzliches Arbeitsbuch. Die Nils-Homepage hat Grammatik-Videos und Aussprache-Training im Angebot, und man kann ein paar extra Online-Übungen machen, allerdings momentan nur mit der Ausgangssprache Englisch. Außerdem sind sie so für Lerner, die keine begeisterten Internetnutzer sind, unbequem zugänglich. Ein separates Aufgabenbuch wäre durchaus wünschenswert, um alle Lerner zu erreichen.
Was ich ganz gut finde: Dadurch, dass die Aufgaben oft in so kleiner Schrift und mit nur sehr kleinen „Ausfüll-Lücken“ abgedruckt sind, sollte man die Übungssätze am besten komplett abschreiben. Das eigenhändige Schreiben der Fremdsprache hilft nämlich erwiesenermaßen mehr beim Merken als das einfache Lesen! Und so kann man sie auch ganz einfach mehrmals machen.
Design
Grundsätzlich ist das quadratische Format ein Hingucker und auch im handlichen Rahmen. Die Bebilderung ist ansprechend und neben Zeichnungen und Fotos gibt es vor allem viele hilfreiche Grafiken, die die Grammatikerklärungen unterstützen. Das kenne ich in derart verständlicher Weise aus anderen Büchern nicht – Daumen hoch!
Insgesamt geht jedoch m. E. Schönheit oft über Funktionalität. Das Buch ist zwar sehr ansprechend gestaltet, doch leider an vielen Stellen zu Lasten der Lesbarkeit – zu kleine Schrift, zu enger Zeilenabstand, zu viele Silbentrennungen (Anfänger lernen getrennte Worte nur schwierig) oder ein viel zu bunter Hintergrund beeinträchtigen den Arbeitsspaß.
Progression/Niveau
Die Progression finde ich schwierig einzuordnen. Ein schneller Lerner schafft es sicherlich, das Buch in seinem Tempo durchzuarbeiten, ohne sich maßlos unterfordert zu fühlen. Aber auch ein langsamer Lerner ist hier gut beraten, besonders durch die ausführliche und vor allem verständliche Grammatik, die vielen Nebenbei-Tipps fürs Lernen und die Wiederholbarkeit von nicht im Buch ausgefüllten Aufgaben (s. o.).
Das Lehrbuch führt laut Beschreibung zum Niveau A2 des GER. Einen Nachfolgeband gibt es vom Skapago-Verlag: Mysteriet om Nils, welches die Niveaus B1-B2 abdeckt und keine deutschen, sondern nur noch norwegische Erklärungen bereithält.
Hast du schon mal probiert, mit Nils zu lernen? Gefällt dir die Geschichte? Und was sagst du zu der neuartigen Grammatik-Vermittlung? Ich bin gespannt auf Kommentare!
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