Wie Musik aus Norwegen dir beim Sprachenlernen hilft
Es gibt eigentlich kaum etwas Schöneres, als tolle Musik zu hören und ganz nebenbei fast wie von selbst noch etwas zu lernen - eine Sprache zum Beispiel. Glaubt ihr nicht? Geht aber. Und weil irgendwie jeder Musik mag, glaube ich auch, dass bei so gut wie jedem diese Methode funktioniert. Auch an die Lehrer: Unbedingt ab und an Musik in den Unterricht einbinden!
Ich erinnere mich gut daran, dass ich als Kind Musik mit englischen und später auch französischen Texten gehört habe, lange bevor ich in der Schule Englisch und Französisch hatte. Deswegen konnte ich natürlich nicht automatisch die Sprachen, aber mir fiel das Sätzebilden immer sehr leicht, weil ich Strukturen der Liedtexte, die ich auswendig kannte, übernehmen und mit passend ausgetauschtem Vokabular in meinen selbst formulierten Sätzen in der Schule anwenden konnte. Das ist zwar somit auch der Grund, warum ich bis heute keine Regeln zum englischen oder französischen Satzbau kann (das ist eher so ein Trial-hörtsichkomischan-Error-Ding), aber das hat immer funktioniert: In meinen Klassenarbeiten hatte ich stets "A+" stehen für besonders stylisches Ausdrucksvermögen - Populärmusik sei Dank.
Wortschatz, Artikel, Zeitformen und Sätze - korrekt nach norwegischem Musik-Vorbild
Langer Rede kurzer Sinn: Das könnt ihr euch ebenfalls zunutze machen, während ihr Norwegisch lernt! Musik und gereimte Verse prägen sich viel leichter ein als normaler Text, so dass ihr, wenn ihr einmal ein paar Lieder entdeckt habt, die euch gefallen, schnell einen Ohrwurm habt und mitsingen könnt. Je mehr Titel oder Liedzeilen ihr kennt - unbekannte Wörter können ja jederzeit im Wörterbuch nachgeschlagen werden -, desto sicherer könnt ihr euch an deren Strukturen entlanghangeln, wenn ihr selbst Sätze bildet.
Es lohnt sich auf jeden Fall, direkt den Text zu googlen und zu versuchen, ihn zu übersetzen, sobald ihr etwas hört, das ihr mögt. So erweitert ihr ganz einfach auch noch euren Wortschatz. Solch kleine "Nebensächlichkeiten" kommen einem nicht vor wie Lernen, sind es aber im Grunde.
Ausgezeichnet, finde ich, ist das auch zum Lernen bzw. Behalten der Artikel. Wenn ihr im Norwegischunterricht mal über ein Wort stolpert und unsicher seid, ob es "en", "ei" oder "et" heißt, könnt ihr eurem Gehirn antrainieren, eurer Songtitel- oder Strophenzeilen-Gedächtnis direkt nach diesem Wort zu durchsuchen. Je mehr Lieder ihr kennt, desto wahrscheinlicher kommt das gesuchte Wort darin vor. Und wenn ihr nun genau diesen Satz oder diese Phrase singt, kommt auch ziemlich sicher der Artikel oder ein Hinweis darauf vor, z. B. ein passend gebeugtes Adjektiv oder ein Possessivpronomen, das darauf schließen lässt. Simples Beispiel: Ihr überlegt, ob es "en", "ei" oder "et" land heißt. Und ihr erinnert euch an dieses sehr bekannte, hübsche Lied namens "Mitt lille land". "mitt" ist Neutrum, dann muss es natürlich "et land" sein. Ich mache das heute noch manchmal so, total praktisch.
Oder Zeitformen: Sehr viele Lieder sind ja in der Vergangenheit geschrieben. So prägt ihr euch mit ein paar Versen gleich noch einige Präteritumsformen ganz ohne Aufwand ein. Mein Gehirn greift z. B. immer auf die Zeile "Vi lå på rygg, vi følte oss trygg" aus dem Lied "Idyll" von der Band Postgirobygget zurück, wenn es mal wieder vergessen hat, ob das Präteritum von "å ligge" nun "la" oder "lå" heißt: "lå" natürlich.
Nicht zu vergessen: das Hörtraining und die Aussprache
Logischerweise erleichtert euch das Lauschen norwegischer Lieder auch nach und nach das Hörverstehen und ihr gewöhnt euch an Klang und Aussprache. Mit Verstexten lernt ihr - vermutlich unbewusst - Reim- und Rhythmusmuster der Sprache richtig gut. Für Fortgeschrittene empfehle ich tatsächlich ganz klar Hip Hop, denn dort werden Klänge, Worte und Sätze im Vergleich zu anderen Genres oft sprachlich deutlich virtuoser aneinandergepuzzlet.
Und vor allen Dingen: Ihr trainiert euer Dialektverständnis! So gut wie jeder Norweger singt, so er denn auf seiner Muttersprache singt, in seinem Dialekt. Das Internet kann euch sagen, woher der Sänger stammt, so dass ihr damit direkt einen Dialekt-Klang verbinden könnt. So trainiert sich das Hörverständnis im doppelten Sinne.
Wo gibt es denn Musik aus Norwegen?
Na, überall im Internet natürlich! :-) Erste Anlaufstelle ist Youtube - kostenlos und ohne Registrierung sind Millionen von Musikvideos abrufbar. Neben jedem Titel werden einem auch immer "ähnliche Videos" vorgeschlagen, so dass man sich fröhlich durch die norwegische Musiklandschaft klicken und viele Schätze entdecken kann - vielleicht ist ja euer neuer Lieblingskünstler dabei?
Streamingdienste wie Spotify oder Deezer finde ich auch total toll. Dort muss man sich registrieren, aber es gibt neben der werbefreien Bezahlversion auch immer ein kostenloses Konto. Nahezu alle Alben von nahezu allen Musikern findet ihr dort.
Norwegens eigene Talentschmiede heißt "Urørt". Ihr könnt euch neue Bands und Sänger dort nicht nur online anhören, sondern sogar völlig gratis und legal herunterladen (auf der Schaltfläche "last ned låt"). Die Künstler dort haben noch keinen Plattenvertrag (urørt = unberührt) und warten darauf, entdeckt zu werden. Da ihr nach Genre sortieren und unverbindlich einfach alles testen könnt, findet ihr mit großer Sicherheit Musik, die euch gefällt.
Wenn ihr mehr auf CDs steht und nicht andauernd in Norwegen seid, um sie euch zu kaufen, seid ihr entweder auf einen Importeur angewiesen oder gebt euch mit gebrauchten Exemplaren zufrieden, so wie ich. Manchmal hat man sogar Glück beim Amazon Marketplace oder auf Ebay, aber meine Hauptbezugsquelle ist die Online-Schallplattenbörse Discogs. Gebrauchte CDs aus aller Welt gibt es da oft zu sehr guten Preisen, und bislang waren alle Händler sehr freundlich und zuverlässig. Einzig die Versandkosten können manchmal etwas wild sein, da solltet ihr gut hinschauen oder ggf. versuchen zu handeln. Wenn ihr nicht wisst, was ihr eigentlich sucht, stöbert einfach nach Länderkategorien. Tipp: Die Stilrichtung "Story" beinhaltet Hörbücher!
Na, und wer keinen konkreten Künstler sucht, der ist mit norwegischem Internetradio eigentlich immer gut beraten. Ich finde die groooße Sammlung norwegischer Radiosender zum einfachen Anklicken auf der Seite Surfmusik prima sowie die gerade entdeckte Seite RadioPlay. Einfach mal "berieseln" lassen!
Cool, und was empfiehlt sich so an norwegischer Musik?
Das, meine Lieben, verrate ich euch im nächsten Blogbeitrag. Dieser würde sonst viel zu lang. Bleibt also gespannt! :-)
Ganz sicher empfehle ich euch aber jetzt schon, das indirekte Lernen durch Ohrwürmer etc. einmal auszuprobieren oder besser (da man es ja eigentlich nicht bewusst tut): zuzulassen. Mit norwegischen Texten unbewusst im Hinterkopf kann sprachlich so Einiges viel, viel leichter gelingen. Sprecht auf jeden Fall euren Lehrer darauf an, wenn ihr Bock auf musikalische Exkurse habt - das ist Landeskunde vom Feinsten! Und natürlich ist das auch in jeder anderen Fremdsprache mit entsprechender Musik möglich. Viel Spaß & Erfolg!
Kommentar schreiben
JuliaBlåbær (Dienstag, 05 Oktober 2021 08:08)
Hei hei,
Ich als Norwegischlehrerin kann nur sagen: ja ja ja :-)!!! Musik in den Unterricht!
Ich habe selbst ebenfalls über Musik viel Norwegisch und enorm an Dialektverständnis (Kaizers!!) und
-ja- Grammatik gelernt! Es ist so viel spannender und einprägsamer als stupides Vokabeln lernen und das Gefühl für die Sprache wird genährt.
Ich kann auch Kinderlieder empfehlen, da ist die Themenwelt etwas konkreter und die sind oft, finde ich, für den Unterricht ganz gut geeignet. (Ich benutze zum Beispiel für den Anfang 'God morgen, alle sammen' ganz gerne.)
Durch Reime und Lieder prägen sich auch die 'schwierig zu lernenden' Aussprachelaute gut ein.
Danke für den Blog, ich freue mich, weiter zu stöbern!